Meet & hike Hans Kammerlander, Dolomiten-Wanderreise
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Meet & hike Hans Kammerlander, Dolomiten-Wanderreise

Sonntag, 11.09.2016 Vom Gardasee kommend, steuern wir unser neues Urlaubsziel, die Dolomiten, an....

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Meet & hike Hans Kammerlander, Dolomiten-Wanderreise

Eintrag vom 23.11.2016 aus dem Reisefibel-Blog: Hans Kammerlander - Tour 2016 (Martina und Günter)

Sonntag, 11.09.2016

Vom Gardasee kommend, steuern wir unser neues Urlaubsziel, die Dolomiten, an. Dort wollen wir an einer Gruppenreise, organisiert von der Reisefibel in Leipzig, teilnehmen. In Klausen fahren wir von der Autobahn ab und gelangen so ins schöne Grödner Tal. Da es noch früh am Tage ist, fahren wir zum Sella-Pass hinauf. Wir lassen uns in die schmalen Gondeln- ich nenne sie Aschentonnen-hineinschieben, in denen nur zwei Personen Stehplatz haben. Die Liftwarte knallen die Türen zu, verriegeln sie mechanisch und ab geht´s. An der Demetzhütte (2685 m) werden wir aus der Gondel von zwei kräftigen Männern herausgezogen. Es ist das erste Mal, dass ich im Sommer erlebe, dass hier oben an der Langkofelscharte kein Schnee liegt.
Nun „stürzen“ wir uns ins Bergvergnügen, wandern auf dem geröllreichen Weg im Langkofelkar hinab zur Langkofelhütte (2253 m) und rechts um den Langkofel herum.
Wir finden am Ende des Sommers doch noch ein Schneefeld, lassen es rechts liegen und steigen bald hinauf zur Comicihütte (2153 m). Das Ende unserer kurzen Tour ist nun in Sicht und durch die Steinerne Stadt erreichen wir den Parkplatz nach vier Stunden mit ca. 500 m bergab bzw. immer wieder bergauf.
Zum Hotel, das wir nicht kennen, muss uns das Navi weiterhelfen, und das gelingt ihm auch. Im Hotel Rodella in Wolkenstein werden wir herzlichst begrüßt und unsere Koffer bzw. Taschen werden ins Hotel getragen. Nein, das ist uns dann doch etwas zu viel und in die 2. Etage tragen wir nach Wahrnahme unseres Vetorechts das Gepäck selbst.
Es folgen Duschen und Schmuckmachen, denn der erste Eindruck soll ja nicht der schlechteste sein. Wir sind voller Neugier auf die Wanderer, mit denen wir eine Woche lang durch die Dolomiten ziehen werden. Im Foyer sitzen schon die ersten und alle sprechen eine vertraute Sprache, nämlich sächsisch. Prima. Wir stellen uns mit Vornamen vor und führen erste Gespräche. Unsere „Gruppenleiterin“ Kathrin, uns bestens bekannt durch die „Reisefibel“ und ihre Veranstaltungen, begrüßt uns herzlich in der von ihr gewohnten freundlichen Art.
Am späten Abend stößt unser Wanderführer für die ersten zwei Tage, die Südtiroler Kletterlegende und Extrembergsteiger Hans Kammerlander, zu uns. Er begrüßt uns und redet ein paar Worte, aber man merkt ihm die Anstrengungen der letzten Tage an. Er wirkt bescheiden, und nach zwei Tagen wissen wir das auch. Das meistgenannte Wort ist „entspannt“, was allen Mut macht, weil doch einige an ihrem Vermögen zweifeln, mit der Gruppe mitzuhalten. Dennoch sehen hier alle rein optisch sehr sportlich aus. Wir sind 12 Wanderer, eine gute Anzahl.
Hans Kammerlander stellt seinen Plan für diese Woche vor, Änderungen nicht ausgeschlossen, da wir ja auch vom Wetter abhängig sind. Das Wetter soll recht gut werden. Hans Kammer-lander gibt auch ein paar persönliche Meinungen preis. Man merkt, dass er seine Heimat Südtirol leidenschaftlich liebt, aber mit Italien, seinen Repräsentanten und seiner Politik so seine Probleme hat. Typisch für Südtiroler. Und er gibt uns den wertvollen Hinweis, viel zu lachen. Daran wollen wir uns halten.
Alle sind irgendwie müde, aber den Hans zieht es noch zur Bar. Ein Stehaufmännchen.

Montag, 12.09.2016
Frühstück gibt es 07:30 Uhr und der „Ansturm“ ist recht stark. Um 08:00 Uhr fährt der Bus mit uns und Hans ab zum Grödner Joch (2137 m). Ja, die knapp bemessene Zeit für das Frühstück wird zum Dauerthema, aber auf der anderen Seite ist es doch so, dass wir viel sehen und erleben wollen und vor dem Dunkelwerden auch wieder im Hotel sein wollen. Wir schaffen das, auch wenn es schwer fällt. Gäbe es nur zwei Brötchen und nichts weiter, wäre das Problem gelöst. Will auch keiner. Jeder will das reichhaltige Angebot nutzen. Hans leitet uns in gemäßigtem Schritt nach oben, die Cirspitzen links liegen lassend zum Crespeinajoch (2598 m). In einer Trinkpause, auf die Hans immer achtet, demonstriert er an einer Dolomitenwand das Klettern und vermittelt einige Grundbegriffe.
Er hängt an der Wand, als wäre er dort geboren. Mit Leichtigkeit klettert er einige Meter frei nach oben und erklärt, wie man Griffe und Tritte sucht und findet und dass dabei immer drei Gliedmaßen, also Hände und Füße, sicheren Halt haben. Und natürlich gilt es immer, Ruhe zu bewahren. Dann klettert er wieder ab, ganz entspannt.

Entspannt ist auch heute sein Lieblingswort. Oben am Joch kommt die Gruppe geschlossen an. Es sind also alle zusammengeblieben und so wird es auch die nächsten Tage sein. Ich habe bei meinen Wanderungen noch nie so ein dichtes Leistungsvermögen erlebt. Prima. Es erschließt sich uns ein weiter Blick über die ausgedehnte Felsebene von Crespeina de dite nordostwärts zum Ciampeijoch. Unten liegt der kleine Crespeinasee. Wir steigen weiter bergauf auf teilweise schmalen Wegen zum Sass da Ciampac (2667 m), von wo wir einen tollen Blick auf den Sellastock mit seinen nördlichen Zuwegen, auf Corvara, die Puezhütte (2475 m) und die Felsebene von Crespeina de dite haben. Nach einer kleinen Pause geht es auf dem Berggrat und später auf einem schmalen Pfad bergab, u.a. vorbei an einem rostfarbenen Felsen, der uns alle beeindruckt. Wir geraten auf die „Wander-Autobahn“ 2 und auf ihr wandern wir zum Ciampajoch (2366 m). Nach der dortigen Wegekreuzung geht es wieder bergauf. Die Puezhütte ist unser nächstes Ziel, aber vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt.

Auf diesem Weg gehe ich einige Zeit mit Hans Kammerlander zusammen. Wir reden über Kletterei und Skifahren. Ihn interessiert das Skifahren in Sachsen. Immer wieder werden wir durch Telefonanrufe unterbrochen. Er hat ein ähnliches Telefon wie ich, handgeschnitzt gewissermaßen. Er bekommt die Mitteilung, dass ein ihm bekannter Bergführer im Drei-Zinnen-Gebiet heute abgestürzt ist. Später erfah-ren wir mehr über die Umstände. Der tödlich verunglückte Bergführer war mit einem Gast unterwegs und hat sich beim Umseilen nicht gesichert an einer relativ einfachen Stelle. Meist ist es Leichtfertigkeit, durch die solche Unglücke passieren, meint der Hans. Er hat schon einige seiner Freunde und Berg-kameraden durch Unglücke verloren, wie wir von Kathrin erfahren. Wir fühlen aber auch mit dem vom Bergführer geführtem Gast, der dann wohl in hilfloser Lage vom Felsen geborgen wurde.
An der Puezhütte fängt es an zu regnen und wir wechseln vom Tisch im Freien schnell unter das breite Vordach. Die Hütte ist gut besucht und jeder findet etwas für sich auf der Speise-und Getränke-karte. Rosi geht es nicht gut, hat wohl zu wenig gegessen. Thomas, unser Arzt, hilft und bald geht es ihr wieder besser. Ich verpflichte mich, ab sofort auf die „kleine“ Rosi zu achten, da sie im Hotel an unserem Tisch sitzt. Das führt nun morgentlich zu allerlei Späßen. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen, oder so.

Nach ca. einer Stunde- alle sind angesichts des zugenommenen Regens inzwischen innen in der Puezhütte gelandet- fassen wir uns ein Herz und beginnen den Rückweg, über nun feuchte Erde, und immer wieder Holztreppen, eine besondere Herausforderung, wenn sie nass sind. Ich hole meine Stöcke heraus, die zum wichtigen Helfer werden. Sie wirken stabilisierend und dämpfen den Druck auf die Knie. Hans Kammerlander erzählt immer wieder Witze, die uns zum Lachen bringen. Manchen Witz kann ich auch zusteuern, aber seine Aussprache und sein Charme sind nicht zu schlagen. So gelangen wir in das Langental. Und da hört der Regen auf. Hans hatte uns einen regenfreien Tag versprochen- aber das war real nur im Langental der Fall, wie wir von oben beobachten konnten. Ich gehe auch wieder ein längeres Stück mit ihm und wir unterhalten uns über Ursachen des Elends in der Welt und Zukunfts-lösungen. Wir liegen weitgehend auf einer Wellenlänge, was mir auch nicht so oft passiert. Wir kommen auch an dem bereits 2014 erklommenen Klettersteig Sandro Pertini (C/D) vorbei, der wegen Bürokratie und grüner Unvernunft inzwischen abgebaut und gesperrt wurde. Auch da sind wir gleicher Meinung.

Kurz vor Wolkenstein steigen wir wieder bergauf, sehr hoch sogar, für mich etwas erstaunlich, aber da ich selbst oft noch eine Herausforderung zum Schluss suche, halte ich mich zurück, während erste Unmutsäußerungen zu hören sind. Wir kommen durch den kleinen Ortsteil von Wolkenstein Daunei. Wie so oft wird auch hier Hans Kammerlander von den Einheimischen erkannt und freundlich begrüßt. Und der Hans hat immer ein Wort für die Leute, egal, wer es ist. Das macht ihn auch so sympathisch. Wir wandern jedenfalls dann doch irgendwann wieder abwärts und ein steiler Waldweg endet direkt vor dem Hotel Rodella. Hans sieht den Seniorchef beim Grasmähen mit der Sense. Hans kritisiert ihn und nimmt die Sense selbst in die Hand und zeigt den Grödenern, wie gemäht wird. Ich sage zum Seniorchef: „Da müssen erst Leute aus dem anderen Tal kommen, damit bei Euch die Wiesen richtig gemäht werden.“ Alle lachen. Zwischendurch dengelt Hans auch die Sense, wie ich es auch von meinem Opa und meinem Vater kenne. Der Hans ist halt ein Allroundprofi.

Am Abend ist nach dem Abendessen ein Vortrag von Hans Kammerlander vorgesehen. Wir speisen alle endlos und noch länger die anderen Gäste, in deren Raum das Ganze stattfinden soll. Wir zweifeln schon, ob wir dem Vortrag überhaupt noch folgen können, so müde werden einige, auch ich. Aber wir sind ja grundsätzlich Optimisten und halten durch. Als sich die ande-ren Gäste endlich dem letzten Hap-pen nähern-es ist inzwischen weit nach 21:00 Uhr-wird der Junior-Chef aktiv und fängt an mit Umräumen zum Frontalvortag. Hans Kammerlander kümmert sich um die Technik, natür-lich ganz entspannt. Hans lässt auch zu, dass die anderen Gäste, die für den Vortrag gar nicht vorgesehen waren, teilnehmen. Das hat sicher auch ihr Tempo bei den letzten Happen erhöht.
Der Vortrag beginnt verbal und dann wird ein Film eingespielt, der den Hans in jungen Jahren zeigt, wie er die Berge im Laufschritt hoch und runter rammelt, um es mal anschaulich zu beschreiben. Auch seine Bergtouren in Asien spielen eine Rolle. Wir erfahren auch etwas über sein soziales Engagement für eine Schule in Nepal. Als Pistenskifahrer staune ich, wie er durch steile enge Schluchten mit Ski einen 8000er hinunterfährt, oft wohl auch die Gefahr einer Lawine im Rücken. Es ist schon überwältigend, was das „kleine“ Kraftpaket so drauf hat. Äußerlich besteht er ja nur aus Haut, Knochen, Muskeln und Zigarettenrauch. Dazu kommen sein Charme und sein Lächeln.
Für uns endet ein Tag voller Erlebnisse.

Dienstag, 13.09.2016
Heute ist wieder 08:00 Uhr Abfahrt. Die Fahrt geht hoch über das Grödner Joch und dann hinunter nach Corvara, vorbei am Piscadu-Klettersteig. Der Bus fährt über den Falzaregopass und durch Cortina d´Ampezzo in Richtung Toblach. Hans Kammerlander erklärt uns viel zu den Bergen und Klettersteigen an der Strecke. Es ist eine schöne Dolomitenrundfahrt, denken die meisten. In Cortina zeigt Hans uns, wie viele Gebäude unbewohnt sind, teilweise auch langsam den Glanz verlieren, und das in einer ehemaligen Olympiastadt (1956). Aufschwung soll eine Ski-Weltmeisterschaft bringen, wohl 2020.
Auf 1400 m Höhe steigen wir vom Hotel „Drei Zinnen“ ( Hotel Baur Tre Cime Strada Statale 51 de Alemagna ) durch das lange Rienztal entlang dem Weg 102 auf. Ziel ist die Drei-Zinnen-Hütte auf 2438 m.

Nach zweieinhalb Stunden erspähen wir nach einem relativ steilen Aufstieg die Drei Zinnen. Die Große Zinne, in der Mitte, ist 2999 m hoch und auf der Nordseite ist eine 500 m total steile Wand. Es ist ein imposanter Blick auf die drei mächtigen Felszacken. Hier klettert die Südtiroler und die Weltelite, wie ich aus manchen Filmen weiß. Da gibt es kein Halten mehr für die Fotoapparate. Auch ein Gruppenbild ist fällig. Und plötzlich trauen wir unseren Augen kaum-wir landen auf einer Wander-Autobahn. Von den Drei Zinnen her kommt offensichtlich ein Hauptwanderweg, der eine Autoanbindung hat. In diesem Strom von Wanderern landen wir nach dreistündigem Aufstieg an der Drei-Zinnen-Hütte. Auch hier herrscht Hochbetrieb. Die meisten greifen auf ihre mitgebrachten Reserven zurück. An einer auf Holz angebrachten Karte versuche ich mich zu orientieren. Davor stehen ca. 5 Leute, die wie angegossen da stehen. Da muss ich in die Trickkiste greifen. Ich sage in russischer Sprache „Iswenitje poschalluista!“ und schon treten alle beiseite, so dass ich mit Michael aus unserer Gruppe die Landkarte inspizieren kann. Jeder verbringt die Wanderpause auf seine Weise, und Fotografieren gehört auf jeden Fall dazu.

Beinahe verpasse ich den Abmarsch, weil mich zwei deutsche Familien mit Fotografieren beauftragt haben. Mache ich ja gern, besonders, wenn ich als Technikunbegabter ein Foto vom Smartphone schießen soll. Stelle mir immer vor, wie man mit einem Fotoapparat auch telefonieren kann.
Aber nichts geht über ein gutes Kollektiv, neudeutsch Team. Das ruft nach dem Trödler, und schon bin ich im Schnellschritt zur Stelle. Vorbei an den zwei Bödenseen steigen wir langsam bergab, ganz entspannt. Ich gehe mal wieder ein paar hundert Meter mit Hans Kammerlander und wir erzählen uns Witze. Manchmal darf auch die ganze Gruppe mithören, natürlich nur bei stubenreinen, zur Motivation. Ja, der Hans kann Witze erzählen, da erblasst man vor Neid.
Wir durchwandern auf dem Weg 102, der hier unten kein so dicht begangener Weg ist, die Baumgrenze. Kerstin erzählt auf Nachfrage einiges von ihrem Beruf und ihrem 28.000 Mann starken Unternehmen. Ich schockiere sie, als ich sage, dass mein Unternehmen größer ist. Anschließend sind einige Polizeiwitze fällig. Bald erreichen wir den Parkplatz am Fischleinboden auf 1450m Höhe. Damit sind wir über 1000m bergauf und auch bergab gestiegen. Am Bus treffen wir unseren Wanderführer für die nächsten drei Tage. Es ist Hans Mutschlechner, einer aus der bekannten Bergsteiger-familie der Mutschlechners. Der Hans Kammerlander stellt uns den anderen Hans vor. Der Bus bringt uns über Bruneck auf die Autobahn bei Brixen und so landen wir im Hotel Rodella.
Nach dem Abendessen, wie immer reichlich, ist die Verabschiedung von Hans Kammerlander geplant. Kathrin überreicht ihm ein Geschenk, und dann werden die zwei Tage ausgewertet.

Hans Kammerlander verschwindet immer wieder mal, so dass wir schon besorgt sind, dass wir uns gar nicht persönlich verabschieden können. Das gelingt uns dann doch irgendwann, obwohl die Bar wieder einen Magneten für Hans hat. Fest steht: Es waren zwei tolle Tage, wir haben völlig entspannt steile Wege gemeistert, Höhen erklommen, Natur pur genossen und gelacht, was die Stimmbänder hergaben. Den Witz von den abgestürzten Kletterern werden wir nie vergessen-versprochen Hans.

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